5. Juli 2024 / 8. Juli 2024
Die letzten Monaten schöpfte Macron noch aus dem Vollen. Er hielt eine fulminante zukunftsweisende Rede vor der Sorbonne, er gibt den guten Geist der EU beim Deutschlandbesuch, er wird unnötig mit dem Westfälischen Friedenspreis geehrt und mischt sich am D-Day zusammen mit den UK/US-Terminatoren des Nazi- und Vichy-Regimes unter die „Befreier“.
Bei seinem Deutschland-Besuch hatte sich Macron noch als eingefleischter Nationalist mit seinem Herausforderer für das Amt des US-Statthalters in Europa gestritten.
Europa könnte sterben, wenn es ihn, Macron, nicht gäbe, zitierte er seine Sorbonne-Rede. Nur er könne für die Souveränität gleich ganz Europas einstehen, da Deutschland nackt, ohne Atombombe dasteht. Und allerlei Gründe mehr.
Der Deutschland-Besuch
Ende Mai stellt der geschmeidige Tartüff nach 24 Jahren großspurig seine Füße unter’n Tisch in Papas Altenheim. Scholz reagierte besonnen, wie es sich für einen deutschen Versailles-Zögling von Welt gehört – er winselte den Bettelnden pfiffig an.
Die Unterstützung der Ukraine bleibt unser zentrales gemeinsames Anliegen. …
Emmanuel und ich sind uns einig: Wir müssen jetzt den nächsten Schritt gehen, usw, usw.
Und dann:
… Nach so vielen Jahrzehnten und Jahrhunderten Krieg, nach einem gerade zurückliegenden Weltkrieg, den Deutschland angezettelt hatte, nach Millionen Toten, nach all diesen Zerstörungen, nach dem, was Deutsche auch in Frankreich angerichtet haben, ist eine Freundschaft, die sich immer weiterentwickelt und verbessert hat, möglich gewesen. Vielleicht ist das eine Erfahrung, mit der wir auch dem Nahen Osten sagen können: Eine gemeinsame, friedliche und freundschaftliche Zukunft von zwei Staaten, von Israel und einem palästinensischen Staat, ist möglich, und sie ist sogar kurze Zeit nach einem furchtbaren Krieg möglich. …
Olaf Scholz, Bundesregierung, Pressekonferenz Meseberg, 28.5.2024
Guck‘ was wir euch antun könnten, wenn wir wollten. Die Israelis sind auch nicht besser als wir, und das völlig folgenlos …
Macron blickte verdutzt. Was hatten die Deutschen in Frankreich gemacht, was das Vichy-Regime nicht besser konnte? Und: War Napoleon etwa ein streunender Hund? Macron nickt mit milder Strenge, man war sich einig.
Was die beiden Sensenmänner ausbaldowern ist nichts geringeres als der 3. Weltkrieg und die deutschen Platzhalter im Amt halten, was sie ihren Herren versprochen haben, so, wie vor 83 Jahren. Immerhin stehen die Deutschen schon wieder im Baltikum und in der „Sowjetunion“.
Aber Macron wird am Ende seines Besuchs nachziehen und den Deutschen weiter unter Zugzwang setzen.
Kurz vor seiner vor seiner Betteltour nach Deutschland und dem Schwur auf die deutsch-französische Freundschaft, hatten Macron und die Seinen sich am triumphierenden Gedenken der Einkreisungsstrategie gegen die Deutschen vor dem ersten Weltkrieg berauscht, der Entente Cordiale. Die Franzosen und Briten können das 120 jährige Jubiläum in aller Öffentlichkeit begehen, denn die offizielle Siegergeschichte darf von Deutschen niemals hinterfragt werden.
Matthew Ehret schreibt über das 120. Jubiläum der einst geheimen Entente Cordiale-Abkommen:
Das dauerhafte Vermächtnis der Entente Cordiale
From a Historical Bloodbath to our Modern Game of Thermonuclear Chicken
Am 8. April 2024 schrieben der britische Außenminister David Cameron und der französische Außenminister Stéphane Sejourneco einen Gastbeitrag für den Daily Telegraph, in dem sie den 120. Jahrestag der französisch-englischen Entente Cordiale feierten, die am 8. April 1904 als geheimer gegenseitiger Sicherheitspakt unterzeichnet wurde.
Das Clown-Duo schrieb über die Entente des 21. Jahrhunderts, die für den Sieg über Russland unverzichtbar sei: „Es liegt nicht an Frankreich und Großbritannien allein, diese Herausforderungen zu lösen. Aber gemeinsam können wir andere dazu bringen, sich uns anzuschließen, um sie zu bewältigen… Wir müssen noch mehr tun, um sicherzustellen, dass wir Russland besiegen. Die Welt sieht zu – und wird uns verurteilen, wenn wir versagen.“
Der französische Präsident Emmanuel Macron meldete sich in einer Rede zu Wort: „Unsere Entente Cordiale bleibt so aktuell wie eh und je. Angesichts des Wiederaufflammens des Krieges in Europa stehen wir zusammen, um unsere gemeinsamen Werte zu verteidigen und die Ukraine zu unterstützen, die sich gegen ihren Aggressor verteidigt.
Die Entente wurde nicht nur mit Worten gefeiert, sondern zum ersten Mal in der Geschichte nahmen französische Truppen an der Wachablösung im Buckingham-Palast teil, und britische Truppen schlossen sich einer Militärparade im Elysee-Palast an, bei der sie gemeinsam mit französischen Truppen zu den Melodien von „God Save the King“ und „La Marseille“ marschierten.
Da der Jahrestag der Entente Cordiale einen solchen Einfluss auf das aktuelle geopolitische Denken ausübt, wollte ich (Matthew Ehret – Autor) mir einen Moment Zeit nehmen, um ein wenig in die Geschichte zurückzuspringen, um zu sehen, was dieser geheime Militärpakt ursprünglich war und wie ALLE Weltkriege des 20. Jahrhunderts ohne ihn unmöglich gewesen wären … weiterlesen
Lesenswert –> Substack von Matthew Ehret https://substack.com/home/post/p-145021476
So wenig wir in Deutschland von dieser Revision der 120 jährigen Geschichte der Kriegsanbahnung erfahren, so sehr wird in Großbritannien auf wirtschaftlicher Ebene dieser Auffrischungskurs der Entente gegen Deutschland begrüßt:
Während diese historischen Rivalen lange Zeit um die koloniale Vorherrschaft konkurrierten, legte die Entente Cordiale offene Streitigkeiten bei und ebnete den Weg für eine Zusammenarbeit auf globaler Ebene. Wenn wir uns heute auf dieses Erbe besinnen, dient es uns als zeitgemäße Erinnerung an den beständigen Geist der Zusammenarbeit, der Gräben überbrücken und eine stärkere Zukunft aufbauen kann.
Quelle: The Entente Cordiale Legacy and a renewed UK-France Partnership, 8.4.2024
Und endet mit
Gemeinsam können wir sicherstellen, dass der Geist der Zusammenarbeit, der die Entente Cordiale auszeichnete, die französisch-britischen Beziehungen auch in den nächsten 120 Jahren leiten wird.
Quelle: The Entente Cordiale Legacy and a renewed UK-France Partnership, 8.4.2024
French Chamber of Commerce in Great Britain (via UK France Business Forum, gegründet 2022)
Für ein Deutschland auf Augenhöhe mit seinen Partnern in einem gemeinsamen europäischen Projekt ist kein Platz. Zumal Frankreich schon mit bilateralen Verträgen zu Wirtschaft und militärischer Sicherheit abgedeckt ist, aus der Geschichte wohl gelernt hat. Auch die Polen werden schon wieder heiß umworben.
Musterfoto – Finde den Fehler
Aber zurück zur gefeierten Betteltour des windigen Franzosen.
Macron hat den EU-Nationen einiges anzubieten, Sicherheit vor’m bösen Wolf durch den Nuclear-Schirm und Souveränität für die EU, sogar ganz Europas vor dem US Imperialismus. Den Briten verspricht Macron die EU zu dominieren, seine ehrgeizige Ziele sind die sichere Garantie für einen eisernen Vorhang zu Asien. Das Risiko tragen die Deutschen und sorgen schon jetzt für die Schlagzeilen in den zukünftigen Geschichtsbüchern.
Und sie sollen die verheißungsvolle EU Souveränität (unter Frankreichs Führungsrolle) finanzieren. Durch die gemeinsame EU-Verschuldungskapazität, Scholzens Hamilton Moment (die verklausulierte Freigabe des Staates an den Moloch EU), durch europäische Industrieprogramme (unter dem Vorwand der notwendigen Rüstung im Kriegswirtschaftsumfang) durch eine Europäische Investitionsbank, die „Investitionsschocks“ finanziert und durch die lange ersehnte Europäische Anleihe. Macron schmiedet Pläne mit auch mit Scholzens Geld.
Er kollaboriert schon wieder.
Links: Frankfurter Allgemeine, 26.4.2020. Rechts: Sorbonne Rede 25.4.2024
Die Souveränität Europas ist aber nicht nur Verheißung, denn Wirtschaften ohne USA und ohne Asien, ohne eigene Rohstoffe mit fahnenflüchtigen Kolonien heißt für das französisch-deutsche Tandem die Isolation zu feiern und sich mit dem Rest der EU als Absatzmarkt zufrieden zu geben, wenn das nicht reicht, das EU-Schneeballsystem, wie gehabt, zu erweitern.
An diesem Punkt zieht Macron noch ein Ass aus dem Ärmel und sucht den deutschen Zeitenwende-Feldherrn mit Lebensraum im Osten zu ködern. Er „erlaubt“ seinen Ukrainern den Angriff auf die Russen. Und natürlich geht Scholz da beherzt rein, in seiner Ehre für einen exklusiv deutschen Revanchismus gepackt. Macron erinnert sich Tage später an seinen Entschluss zur Ambiguität, dem Coitus Interruptus, den er mit Putins Unberechenbarkeit rechtfertigt und macht natürlich da rechtzeitig einen Rückzieher, wo Scholz schon vorzeitig kommt.
Angst vor Eurasien: Europa darf niemals souverän sein
Doch diese Sorte Souveränität von Nationalstaaten, die Macron anbietet, ist für die EU nicht wirklich erlaubt, auch das ist ein Zweck des heutigen britisch-französischen Bündnisses, den Franzosen unter Kontrolle zu halten.
Für’s kecke Vorpreschen und Festhalten an der französischen Nation als Gegenmodell zur „staatenlosen“ EU-Föderation, den die US-gestützten globalen Corporatisten unter der EU-Korruption auf längere Frist vorantreiben, gibt’s denn auch gleich am 31.5.24, noch vor der EU-Wahl, das S & P Rating auf AA– für Frankreichs Bonität. Damit wird die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone auf die gleiche Stufe mit Tschechien und Estland und eine Stufe unter die Briten eingestuft.*
*In der Realität hat Nichts mit Nichts zu tun, alles reiner Zufall
Aber Macrons Rache ist seine Unbeliebtheit. So kann er das Rating gleich nach der EU-Wahl mit der Machtübergabe an den Rassemblement National quittieren, die natürlich am National-Gedöns festhalten und sich auch gleich mit dem Haushaltsdefizit rumschlagen können, so, wie die UK/US-Corp. Auftraggeber sich mit LePen & Co. rumschlagen sollen.
In all dem Durcheinander will Macron als ruhender Pol bis 2027 ausharren? Andere Beobachter sind da nicht so sicher und unken „Die Globalisten lassen Macron fallen.“ Man legt ihm den Rücktritt nahe.
Aber wer sollte zuverlässig die Global Governance Agenda von BlackRock Lobbyverein UN/WEF durchsetzen, das Drohszenario gegen Russland und die Plünderung der Ukraine sichern? Und wer soll die Amerikaner zuverlässig beschwichtigen und die Deutschen klein halten?
Der 26-jährige Bardella, LePen, Mélenchon und die linke Volksfront? Mon Dieu.
Am 7.7. wissen wir mehr.
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8.7., wir wissen mehr: Mélenchon blablabla linksradikaler Volkstribun blabla
Der „mächtige Nachbar“
Deutschlandfunk Europa heute (8.7.2024) ab Min. 16:40:
https://www.deutschlandfunk.de/europa-heute-komplette-sendung-vom-08-07-dlf-c955461c-100.html
Andreas Noll: Mélenchon gilt … als Deutschland-Hasser, die deutsche Wiedervereinigung hatte er (richtigerweise! – Autor) als Annexion bezeichnet. Er hat ein Pamphlet veröffentlicht mit dem Namen „Bismarckhering, das deutsche Gift“. Er macht darin Deutschland für die Turbulenzen in der Euro-Zone verantwortlich. Teilt er mit dieser Deutschland-Ablehnung, Frau Kempin, im Grunde den Blick von Marine LePen auf Frankreichs mächtigen Nachbarn?
Ronja Kempin: Ja, ich glaube da liegen die beiden sehr eng beieinander,… beide haben so eine Gleichung aufgestellt, die da lautet, frei übersetzt: die Europäische Union ist schuld daran, dass Frankreich in Teilen des Landes abgehängt ist, dass es mit sozialem Dumping (sic!) konfrontiert ist, Ausschreibungen machen muss, äh öffentliche Daseinsvorsorge in weiten Teilen des Landes abgebaut ist. Sie nennen es beide den Hyperkapitalismus. Und weil Deutschland als stärkste Macht in der Europäischen Union ausgemacht haben, machen sie Deutschland äh für diese Missstände verantwortlich, also über die Europäische Union landen sie dann schnell ähm bei Deutschland, da sind sich beide in der Tat einig. Das Deutsche Diktat wie sie es nennen, muss unbedingt beendet werden in der Europäischen Union.
Andreas Noll: Wie müsste sich Deutschland auf eine Volksfront-Regierung vorbereiten?
Ronja Kempin: Ja auch da ist es tatsächlich schwer zu sagen, wie extrem die neue Volksfront auftritt. Es gibt programmatische, Pardon, Programmpunkte des neuen Front Populaire, die Deutschland vor große Herausforderungen stellen würden, wenn sie denn so kommen. Insbesondere will die Bewegung Freihandelsabkommen, äh nicht neu schließen im Rahmen der Europäischen Union. Sie will sich nicht länger an die Maastricht-Kriterien halten. Also sie stellt viele Grundprinzipien ähm der Europäischen Union in Frage und es dürfte nicht leicht sein einen Gleichklang zwischen Berlin und Paris herzustellen.
Andreas Noll: sagt Ronja Kempin, Frankreich-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, vielen Dank …
Derweil im Wolkenkuckucksheim des deutschen Populismus:
Und noch eine Wirtschaftseinschätzung dazu, liegt bereits ein paar Tage zurück:
8.7. am Abend, Macron noch auf Posten, von Abschied keine Spur.